Der Welpentag beginnt mit einem müden Quäken. Die Augen sind noch geschlossen, alle Systeme fahren langsam hoch. Beinfunktionen werden getestet, Strecken, Räkeln nach links, Rolle auf den Rücken, Räkeln nach rechts. Leises Schmatzen, erste Gedanken an den Wassernapf kommen auf, aber die Systeme operieren noch nicht auf Betriebstemperatur. Die Hand vom Menschen wandert verschlafen gen Welpe, ein bisschen Fingernagen hilft, die Konzentration auf ein Ziel hin auszurichten. Nicht zu fest zubeißen, sonst schreit der Mensch wieder. Das wäre zu viel für die Welpenohren, es ist ja noch nicht mal hell. Der Welpe wird in den Garten getorkelt, wo er mit halb offenen Augen weisungsgemäß eine Pfütze produziert. Zurück in der Schlafstatt kann er sich in Ruhe wachkraulen lassen. Das Nagen wird fordernder, der Mensch gluckst zufrieden angesichts des kräftigen Welpen. Alles läuft nach Plan.
Der Althund entscheidet nun endgültig auch, dass der Tag beginnen kann. Sie robbt sich zum Bettrand, beobachtet den immer noch nagenden, aber aufmerksamen Welpen und plant ihren nächsten Schritt. Ein kurzer Hechtsprung sollte sie in eine günstige Position bringen, halb auf dem Welpen, aber mit genug Manövrierraum im Bug, um zur Not mit der Hüfte Widerstandsversuche im Keim zu ersticken. Der Welpe schnappt noch im Sprung nach einem ihrer Hinterläufe. Hervorragend! Eine morgendliche Kräftigungseinheit. Mit viel Getöse und wenig erkennbaren Details gehen beide Hunde einem Wirbel aus Fell, Ohren und Pfoten unter. Als der Welpe auf ihrem Gesicht sitzt, ergreift der Mensch seine Gelegenheit, klaubt den Welpen vom Althund und scheucht die Bande zum Morgengassi. Der Welpe muss einen Haufen machen. Der Welpe meistert seine Aufgabe mit Bravour. Ein fester, formschöner Haufen wird nicht weit von der Stelle des gestrigen Abendhaufens gelegt. Ein Muster wird erkennbar, der Mensch ist zuversichtlich. Und weil sich der Mensch so schön über einfachste Körperfunktionen freut, zeigt sich der Welpe wohltätig und macht eine weitere Pfütze kurz vor der Rückkehr in die Rudelhöhle. Das Wohlverhalten des Welpen wird angemessen gewürdigt, eine glänzende Zukunft als stubenreiner Hund steht ihm bevor.
Nach einigen Stunden Schlafen, Spielen und süßem Nichtstun geht es auf große Fahrt. Das Wetter ist nicht besonders einladend, es taut und die meisten ruhigen Ecken im Umkreis der Stadt sind hoffnungslos vermatscht. Das Rudel fährt zu einem stillgelegten Truppengelände mit Heidelandschaft und welpenhohen Grasbüscheln, wo der Welpe sich wie Indiana Jones durch dichten Dschungel kämpfen kann. Allein, am Ende der Anstrengungen wartet kein El Dorado oder Götzen der Hovitos, sondern Schafköttel, die ihm der gemeine Mensch umgehend madig macht. Das erbost den Welpen sehr. Er beschließt, Belloq ein für alle Mal auszuschalten!
Zurück in der Rudelhöhle manipuliert er den Althund in eine Spieleinheit. Dieser lauerte bereits einige Zeit auf das Startsignal und lässt sich nur zu gerne zum Instrument der Rachepläne des Welpen machen. Immerhin war der Althund Belloq schon einige Jahre ausgesetzt, weshalb eine Meuterei quasi überfällig ist. Ah, und wie schreckhaft und leicht zu verunsichern der Mensch doch ist. Mitten im bisher ruhigen Schnauzenkampf wirft sich der Welpe auf den Rücken. Der Althund versteht sofort. Beherzt zwickt er dem Welpen ins Ohr. Der Welpe schreit auf. Der Welpe erstickt! Der Welpe verblutet! Schnell, ein böser Althund erdrückt den Welpen. Aus Leibeskräften strampelt der Welpe auf dem Rücken und schreit und schreit und schreit. Als der Mensch herbei eilt, hat der Althund längst vom Welpen abgelassen, um sich einen gemütlichen Logenplatz für den zweiten und dritten Akt zu suchen. Unglücklicherweise fängt der Mensch an, den Welpen auf Blessuren zu untersuchen. Damit würde die Täuschung schnell auffliegen, also muss der Welpe weg. Der Welpe rennt ein Stockwerk höher, zum Körbchen des Althundes, welches von der ersten Minute an absolut tabu ist. Belloq stürzt hinter dem Welpen die Treppe rauf, verweist ihn des Körbchens und schimpft. Da spielt dem Welpen das Glück in die Hände, denn im Weglaufen bemerkt er einen verlorenen Schlappen des Menschen. Nicht, dass der Welpe an sich gezweifelt hätte, aber die Bestätigung, dass er Gottes Werk tut, ist ermunternd. Nun wird es schon fast zu einfach. Der Welpe schnappt sich den Schlappen und rennt damit in das Arbeitszimmer. Der Mensch, ist bereits etwas fahrig in den Bewegungen und atmet schwerer. Er stellt den Welpen im Körbchen, nimmt ihm den Schlappen ab und wähnt sich in Sicherheit. Genau dort wollte ihn der Welpe haben. Just in der Sekunde, in der sich der Mensch aufmacht, um die Tür zum Schlafzimmer zu schließen, pieselt der Welpe langsam, genüsslich und mit größter Entspannung in das Körbchen. Ah, wie befriedigend es ist, den Ärger in den Augen des Menschen zu sehen! Welche Genugtuung. Ja, Mensch! So fühlt es sich an, wenn man keine Schafköttel fressen darf! Genau so! Harhar! Lerne daraus und tu das nie wieder!
Während der gemeine Mensch gedemütigt und erniedrigt das Körbchen wischt, klaut der Welpe eine Unterhose vom zweiten Menschen und nagt drei kleine, aber strategisch bedeutsame Löcher hinein. So genau kennt der Welpe die Verhältnisse hier im Haus noch nicht, aber mit etwas Glück ist es die Lieblingsunterhose. Belloq wird sich die Beschwerden anhören müssen und kann nichts tun, als zuzugeben, dass er eben nicht richtig aufgepasst hat. Schämen wird er sich müssen, ganz klein mit Hut wird er sein. Das ist ein Zuckerle obendrauf, etwas, das man sich als Welpe auch mal gönnen sollte. Und da sage mal einer, Rache wäre nicht süß. Der Welpe schläft zufrieden mit sich und der Welt ein. Morgen ist ein neuer Tag.