Der Althund ist ein hundsgemeiner Jäger. Sie jagte früher alles, was bei drei nicht auf den Bäumen war und den Rest natürlich auch.* Die Menschen hatten sich mit ihrer Judith zusammengetan und den Althund durch ein Anti-Jagd-Training gequält, was die Angelegenheit sehr entschärft hat. Damit der Welpe gar nicht erst auf die Idee kommt, sich angesichts einer aufgewirbelte Plastiktüte so aufzuregen wie der damals noch pubertäre Althund, sollte er möglichst früh an die Gegenwart von potentiellen Opfern gewöhnt werden.
Exposition mit Reaktionsverhinderung heißt das und was bei Menschen mit Zwangserkrankungen nützlich ist, kann bei Huskys mit Jagddruck nicht verkehrt sein. Also fuhr das Rudel mit dem Privatphotographen im Schlepptau am letzten Sonntag in den Streichelzoo. Der Welpe sollte dort vor Lamas, Stachelschweinen, Ziegen, Ferkeln und Ponys sitzen und sich entspannen. Im Idealfall entsteht so im Huskyhirn das Konzept, dass andere Tiere weder Bedrohung noch Naschi sind und man sich gar nicht aufregen muss, wenn sie einem vor die Nase hoppeln. Zur funkionalen Unterstützung der Anspannungsreduktion hatten die Menschen Hundebenzos Leberwurst dabei. Ja, so werden Baumkuschler gemacht.
Soweit die Theorie. In der Praxis war es ein sonniger Frühlingssonntag und der Streichelzoo überlaufen mit winzig kleinen Kindern. Die Geschicklichkeit der Besuchermassen war proportional zu ihrer Körpergröße und die Körpergröße war in der Mehrheit kaum ziegenhoch. Das bereitgestellte Maisfutter landete also nicht unbedingt bei den Streicheltieren, sondern war als Konfetti überall auf den Wegen verteilt. Obschon der Welpe anfangs noch recht beeindruckt von den fremden Gerüchen und Gestalten war, wurde aus dem Anti-Jagd-Training rasch ein Anti-Giftköder-Training. Trockene Maiskörner schmecken dem Welpen nämlich nicht schlechter als so einer Ziege. Aufforderungen vom Herrchen, das zu lassen, führten zur prompten Neuausrichtung auf den nächsten Haufen Körnchen.
Aber man muss positiv bleiben in der Welpenzivilisierung. Nicht immer nur defizitär auf das schauen, was alles nicht klappt. Er hat durchaus verstanden, dass er dieses Maiskorn, dass Herrchen verboten hat, nicht haben darf.** Das Generalisieren fällt ihm eben noch schwer. Und wenn der Welpe sich für eine Ziege hält, umso besser. Dann murkst er keine in freier Wildbahn ab. Das finden die Menschen sehr beruhigend, wo doch der Althund zwar oberflächlich zivilisiert, aber innerlich reißende Bestie geblieben ist.
Mit dem Welpen wird es anders laufen, da sind die Menschen ganz sicher! Nach dem Ausflug in den Streichelzoo sieht das worst-case Szenario eher danach aus, dass der Welpe im Hochsommer zum wandelnden Popcornspender mutiert. Aber das macht nichts, der Althund und sein Rudel fressen Popcorn für ihr Leben gern.
* Da dem Althund trotz größter Anstrengung keine Flügel wachsen wollen und die Daumen zum Klettern weiter fehlen, wird bei Eichhörnchen die Strategie „runter kommen sie alle irgendwann“ eingesetzt. Für die Menschen heißt das meistens, den leichenstarr vor dem Baum ausharrenden Athund von der prospektiven Beute wegzutragen.
** wenn Herrchen guckt