Heute ist für uns eine Ära zu Ende gegangen. Unser Kater Jakob, Husky ehrenhalber, ist gestorben. Er wurde 17 Jahre alt. Wir sind sehr traurig.
Jakob wurde im Schwarzwald geboren, auf einem Bauernhof in der Gegend von Horb. Und es war keine einfache Katzenkindheit. Eines Tages im Frühjahr 2006 bemerkte der Bauer bei der Arbeit, dass der Heuwender eine Katze erwischt hatte. Das Tier war sofort tot.
Wenige Tage später hörte er ein feines Miauen in seiner Scheune, das hinter aufgetürmten Heuballen hervorkam. Er erinnerte sich an die Katze, der er unbeabsichtigt getötet hatte. Sofort wurden mit vereinten Kräften und dem Traktor die Heuballen beiseitegeschoben, und dahinter fand sich ein Nest mit drei noch blinden Kätzchen, die vor Hunger nach Leibeskräften wimmerten. Fortan wuchsen die drei, zwei schwarze Mädchen und ein braungetigerter Bub, in der Küche des Bauernhauses auf.
Damals lebten wir am Marburger Ortenberg, und nachdem unsere letzte Katze gestorben war, wollten wir keine weitere zu uns nehmen, weil Helmut an einer Katzenallergie leidet. Aber unsere Tochter bedauerte das und lag uns ein bisschen in den Ohren. Schließlich ließ sich Helmut erweichen und überraschte unsere Tochter nach einem Termin bei besagtem Kunden in Horb, indem er ihr bei seiner Rückkehr ein Katzenkind in den Arm drückte mit den Worten: „Das ist der Jakob. Der wohnt jetzt hier.“
Jakob war ein Wildfang. Wir mussten ihn mehrfach beim Tierarzt flicken lassen. Nicht einmal die Kastration milderte sein Treiben als Freigänger. Nach dem ersten Umzug schwang er sich zum Herrscher über das Viertel auf und hielt diese Stellung trotz eines hartnäckigen Konkurrenten. Es war eine herrliche Zeit für ihn, voller Pflichten, aber auch voller Stolz. Anders als die meisten Katzen hat er sich beim Tierarzt nie aufgeführt oder gar um sich gekratzt oder gebissen – er saß oder lag einfach nur da und ließ mit beleidigter Miene die Maßnahmen über sich ergehen. Wie ein König stolzierte er durch den Garten oder über die Straße und trotzte der wachsenden Zahl unserer Hunde, bis wir neuneinhalb Jahre später aufs Land zogen.
Damals war Jakob 12 Jahre alt, eigentlich noch sehr fit und flink. Aber die Ruhlkirchener Katzen waren aus anderem Holz geschnitzt als die Gelegenheitsfreigänger und Stubentiger von Wehrda. Jakob kassierte ein paarmal heftige Prügel, sodass er sich nach seinen seltenen Freigängen nicht mehr nach Hause traute. Abends fanden wir ihn beim übernächsten Hof, wo er laut um Rettung maunzte und sich fest an mich krallte, während ich ihn nach Hause trug.
Als er dann an Hyperthyreose und bald darauf an einer Herpesinfektion des Auges erkrankte und regelmäßig Medikamente benötigte, beschlossen wir, ihn, den es ohnehin nicht mehr stark ins Freie zog, im Schutz der Wohnung zu lassen, wo er seinen Lebensabend genießen sollte. Zeitweilig hatte er bis zu 15 Augentropfen am Tag nehme müssen, später nur noch ein Mittel. Meist ging es ihm aber gut und er lungerte faul herum oder guckte aus dem Fenster. Er hatte einige schlimme Schübe durch die aus dem Tritt gekommene Schilddrüse und die bösen Viren, die im Augapfel schwammen, aber da er ansonsten gesund war, konnte er im vergangenen Jahr sogar noch einmal operiert werden, als ein alter Grützbeutel am Hals zu wuchern begann. Im Großen und Ganzen genoss der alte Knorz sein Rentnerdasein.
Vor einigen Tagen schwächte ihn ein weiterer Schub der Schilddrüse, und davon hat er sich nicht mehr erholt. Jakob, unser Husky ehrenhalber, starb heute Vormittag, ohne dass wir noch einen Tierarzt hinzuziehen konnten.
Er hat seinen Platz im Garten gefunden. Wir werden sein Gefussel und sein penetrantes Einfordern von Tribut vermissen…