„… aufgeweckt, aber freundlich; interessiert und sogar schelmisch“
(aus dem Rassestandard des SHCA, 1990)
Ursprung in Ostsibirien
Der Siberian Husky hat seinen Ursprung im Osten Sibiriens. Seine Vorfahren sind die Zug- und Jagdhunde der Tschuktschen und ihrer Nachbarn, die die Regionen der Flüsse Kolyma und Anadyr besiedeln. In dieser Gegend gibt es extrem lange Winter mit geschlossener Schneedecke, und die Flüsse sind bis zu 250 Tage im Jahr vereist.
Russische Pelzhändler wie William Goosak (orig. Ilja Gusak) brachten die kleinen, leistungsfähigen Hunde der Einheimischen von Ostsibirien nach Alaska, wo sie zunächst als „Siberian rats“ verspottet wurden. Die Bewohner Alaskas nutzten meist größere Zughunde (u.a. Berner Sennhunde) und Grönlandhunde. Goosak trat 1909 als erster mit einem Gespann dieser „sibirischen Ratten“ bei den All Alaska Sweepstakes an, dem ersten großen jährlich stattfindenden Hundeschlittenrennen, das vom Nome Kennel Club veranstaltet wurde. Sein Team belegte trotz eines überlegenen Laufs nur den dritten Platz. Da nur der Sieger einen Geldpreis erhielt und er sein gesamtes Geld in dieses Rennen investiert hatte, musste er seine Hunde verkaufen und nach Russland zurückkehren.
Doch andere hatten die Qualitäten dieser kleinen, schnellen und ausdauernden Hunde bereits erkannt, so dass sie die Schlittenhunderennen sehr bald dominierten. Noch im gleichen Jahr reiste Fox Maule Ramsey, Nachfahre eines britischen Adelsgeschlechts, über die Behringstraße und kehrte mit etwa 70 Tschuktschen-Hunden zurück nach Alaska.
Die Bezeichnung Husky stammt wahrscheinlich von dem Spottnamen „Esky“ für die Angehörigen der polaren Eskimo-Völker und deren Hunde, die als Zugtiere genutzt wurden. Als Siberian Huskys die in Alaska populären Schlittenhunderennen zunehmend dominierten, begann mit Leonard Seppala die systematische Zucht dieser Rasse. Kennzeichnend für Schlittenhunde war, dass sie nicht nur schnell waren, sondern vor allem im Schnee für den Schlitten Wege spuren konnten.
Diese Fähigkeit, gepaart mit außerordentlicher Ausdauer des Siberian Huskys war ein Hauptgrund, dass Leonard Seppala mit seinem Team den weitaus größten Teil des Serum Run-Staffellaufs bewältigen konnte – ganz abgesehen von seinem herausragenden Leaddog Togo.
Aufkommende Konkurrenz
Mit zunehmender Beliebtheit der Schlittenhunderennen in Alaska, Kanada und dem Nordosten der USA wurden mit der Ausbreitung dieses Sports neben den Rennen im Schnee „dryland races“ eingeführt, Rennen, bei denen die Gespanne die Strecke nicht mehr in dem Maße spuren mussten wie bei den All Alaskan Sweepstakes. Häufig wurde auch bei Rennen im Schnee die Strecke zuvor gespurt. In dieser Zeit veränderte sich die Zucht für Schlittenhunderennen. Zwei unterschiedliche Typen von Hunden beherrschten das Feld: der nach wie vor relativ kompakte gebaute Siberian Husky und ein langbeinigerer, schnellerer Typ, der auf der Basis des einheimischen Alaskan Village Dog durch Einzucht anderer Rassen (Siberian Husky, aber vor allem Windhunde und Vorstehhunde) schneller war, allerdings nicht mehr so sehr geeignet, im Schnee zu spuren.
Aber bei diesen Rennen erwies sich der Alaskan Husky zunehmend als erfolgreicher. Obwohl Alaskan Huskys wegen ihrer meist dünneren Unterwolle noch stärker auf Schutzmäntel und Bootys angewiesen sind, sind sie inzwischen auch bei den großen Rennen wie Yukon Trail und Iditarod der dominierende Hundetyp. Dennoch hat sich bis heute kein Rassestandard für Alaskan Huskys durchsetzen können. Der Grund ist, dass die Zuchtauswahl sich stets an den Erfordernissen der unterschiedlichen Rennen orientiert.
Skandinavische Sonderwege
In Europa, speziell in Skandinavien wurde seit den 1980er Jahren ein weiterer Hundetyp durch Einkreuzung Deutscher Vorstehhunde (Deutsch Kurzhaar) und English Pointers entwickelt, der Eurohound oder Scandinavian Hound. Zuvor hatten Skandinavier auch mit diesen Hunden Rennen gefahren, suchten aber nach einem Typ, der gegenüber dem Alaskan Husky etwas Neues einbrachte. Eurohounds werden oft als Mischlinge aus zwei unterschiedlichen reinrassigen Hunden gezogen.
Eine weitere Züchtung zwischen Alaskan Huskys und Greyhounds brachte damals den Greyster hervor, einen riesigen, äußerst schnellen Schlittenhund.
Diese Hundetypen werden allerdings derart zweckgebunden und im Erscheinungsbild vielgestaltig gezüchtet, dass sie von Zuchtverbänden wie der FCI nicht als Rasse anerkannt werden können.
Zuchtlinien beim Siberian Husky
Die sportliche Konkurrenz blieb nicht ohne Folgen für die Zucht des Siberian Husky. Viele Musher wechselten zu den leichteren Alaskan Huskys und später auch zu Eurohounds und Greysters. Es ist Züchtern wie Lorna Demidoff (Monadnock Kennel) zu verdanken, dass der ursprüngliche Siberian Husky erhalten blieb.
Seit den 1950er Jahren entwickelten sich dabei Varianzen zwischen show lines und working lines. In den Showlinien, die die Ausstellungen dominieren, wird mehr Wert auf die Ästhetik gelegt, auf das harmonische Gesamtbild des Hundes. Viele rassetypische Besonderheiten werden deutlich herausgearbeitet wie die mandelförmigen Augen, der ausgeprägte Stopp, die Stellung und Haltung der Ohren, ein harmonisches, fließendes Gangwerk im Trab usw. Dabei gerät die Leistungsfähigkeit der Hunde schon mal aus dem Blickfeld und teilweise erfüllen die besonders schönen Tiere kaum noch den im Rassestandard festgeschriebenen Zweck.
Zugleich kam in so mancher engagierte Zucht von Arbeitslinien der Standard gegenüber dem Leistungsanspruch ins Hintertreffen. Ganze Zuchtlinien, die als Siberian Huskys registriert sind, entsprechen in ihrem Erscheinungsbild nicht mehr dem Standard. Unterschiede zum Alaskan Husky sind oft nicht mehr zu erkennen.
Husky ist nicht gleich Husky
Viele Kennels weltweit widmen sich auch heute noch dem Erhalt des ursprünglichen Körperbaus und züchten Siberian Huskys vom ursprünglichen Typ. Denn obwohl viele Freunde der Rennmäuse es nicht wahrhaben wollen: der ursprüngliche Siberian Husky ist ein leichter, aber relativ kompakt gebauter Hund mit dichter Unterwolle unter dem Deckhaar. Der Siberian Husky bringt einen enormen Schub aus der Hinterhand auf, um für sich, sein Gespann und den Schlitten den Weg durch den Schnee zu bahnen. Es ist gerade diese Fähigkeit, die den harmonischen Körperbau und das mühelose, federleichte Gangwerk dieser Hunde ausmacht.
Genauso wie es einen züchterischen Exzess gibt, der kuschelige silberfarbene Sofawölfe mit warmen braunen Augen erzeugt, deren Statur es nicht mehr zulässt, Zugarbeit zu leisten, gibt es einen weiteren züchterischen Exzess, der versucht, dem Alaskan Husky Konkurrenz zu machen, besonders leichte, hochbeinige, schnelle Hunde mit kurzer Regenerationsphase zu erzeugen, die allerdings – anderslautenden Behauptungen zum Trotz – nur noch wenig mit dem zu tun haben, was Leonard Seppala und viele nach ihm bei der Zucht im Blick hatten und haben.
Hunderassen sind ein Kulturerbe
Rassezucht ist im Ursprung, durch selektive und gesteuerte Fortpflanzung den idealen Hund für einen bestimmten Zweck in einer bestimmten Umwelt hervorzubringen. Der Siberian Husky ist ursprünglich nicht für Mitteleuropa gezüchtet worden, sondern seinen Ahnen entstammen den Permafrostregionen Ostbiriens, lebten dort als Zug- und Jagdhunde nomadischer Clans von Viehzüchtern und Jägern. Die Entwicklung der Rasse auf dem nordamerikanischen Kontinent hatte einen leichten, schnellen, ausdauernden und zugstarken Hund für die Polarregion zum Ziel.
Der Standard des SHCA gibt vor:
„Das Haarkleid des Siberian Husky ist doppelt und mittellang, hat ein schönes, pelzartiges Aussehen, ist aber niemals so lang, dass es die klaren Aussenlinien des Hundes verdeckt. Die Unterwolle ist weich und dicht und von genügender Länge, um das Deckhaar zu stützen. Die längeren, steifen Haare des Deckhaares sind gerade und etwas anliegend, nie harsch und nicht gerade abstehend vom Körper.“ (Quelle/PDF)
Daher ist ein ausgeprägtes doppeltes Haarkleid aus dichter, weicher Unterwolle und längerem, steifem Deckhaar charakteristisch für den Siberian Husky. Dieses Haarkleid wirkt durch die Bildung von Luftpolstern wie eine „Klimaanlage“, die im Winter wärmt und im Sommer temperiert. Wir finden diese Fellstruktur auch bei ostsibirischen Hunderassen wie z.B. dem inzwischen auch von der FCI anerkannten jakutischen Laika, der dieselben Ahnen hat wie der Siberian Husky.
Das gleiche gilt für die Statur, den Körperbau des Siberian Huskys. Der Standard des SHCA gibt vor:
„Der Siberian Husky ist ein mittelgrosser Arbeitshund, schnell, leichtfüssig, frei und elegant in der Bewegung. Sein mässig kompakter, dichtbehaarter Körper, die aufrecht stehenden Ohren und die buschige Rute weisen auf die nordische Herkunft hin. Seine charakteristische Gangart ist fliessend und scheinbar mühelos. Er ist (nach wie vor) äusserst fähig, seine ursprüngliche Aufgabe als Schlittenhund zu erfüllen und leichtere Lasten in mässigem Tempo über grosse Entfernungen zu ziehen. Die Proportionen und die Form seines Körpers spiegeln dies grundlegend ausgewogene Verhältnis von Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer wider.“ (Quelle/PDF)
„Die Länge des Körpers, gemessen vom Schultergelenk bis zum Sitzbeinhöcker, übertrifft ein wenig die Widerristhöhe.“
„Gerade und kräftig, mit vom Widerrist zur Kruppe waagerecht verlaufender oberer Linie.“
Ich respektiere Sportsgeist und verstehe, dass der Wusch, Schlittenhunderennen zu gewinnen, auch wenn sie in Regionen des gemäßigten mitteleuropäischen Klimas, an das der Siberian Husky nicht perfekt angepasst ist, stattfinden, Varianten notwendig macht. Hier geht es immer noch um fitte und gesunde Hunde. Allerdings billige ich es nicht, den Körperbau zu ruinieren, um sich Schleifen und Pokale ins Regal stellen zu können. Verkürzte Oberarmknochen, abfallende Rücken, extrem ausgestellte Hinterbeine und extrem gebogene Nacken sehen wir leider viel zu oft erfolgreich im Showring. Diese Merkmale sorgen dafür, dass der Hund schick und auffallend wirkt, und manche dienen nur dem Zweck, vorhandene Fehler im Körperbau zu kaschieren. Aber sie sind keinesfalls erstrebenswert. Denn (wie das Vorwort zum Illustrated Standard des SHCA eingangs besagt):